Mittwoch, 22. Dezember 2004

Vienna Calling 9/2004

Vienna Calling 9/2004

… aus der Stadt, mit der ueberbordenden Weihnachtsdekoration und dem Weihnachtsmarkt-Overkill. Sogar das Rathaus wurde in einen riesigen Adventskalender mit 24 Tuerchen in der Fassade verwandelt. Und im Postamt schlaengelt sich die Schlange bis vor die Tuer.

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Derherrmoeller jetzt auch im Internet:
http://derherrmoeller.blogspot.com/
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Zur weihnachtlichen Postverteilung hier mal ein kleiner Dialog aus Schnitzlers „Weiten Land“ (die es uebrigens gerade im Kieler Schauspielhaus gibt):

Serknitz: Briefe schon da?
Rosenstock: Noch nicht Herr v. Serknitz.
Serknitz: Aber die Post war doch schon vor mehreren Stunden hier oben.
Rosenstock: Aber bis sortiert wird Herr v. Serknitz....
Serknitz: Sortiert? Setzen Sie mich dahin und ich sortiere Ihnen den
gesamten Einlauf in einer Viertelstunde. Das ist so typisch die
österreichische Schlamperei. Und da beklagt ihr Euch über den schlechten
Fremdenverkehr.
Rosenstock: Wir klagen nicht Herr v. Serknitz, wir sind überfüllt.
Serknitz: Ihr verdient die Gegend nicht, sage ich.
Rosenstock: Aber wir haben sie, Herr v. Serknitz.


Ich wuensche euch ein paar schoene Weihnachtage, einen guten Rutsch ins neue Jahr und nur das allerbeste fuer 2005.

Bis demnächst, viele Grüße, küss die Hand und Baba,
derherrmoeller

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Kann man ein Land ernst nehmen, das aussieht wie ein Schnitzel?
-Wienerische Schmankerl-

Aschanti - Erdnuesse
äußerln gehen - mit dem Hund Gassi gehen
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22.12.2004

Montag, 13. Dezember 2004

"Das war eine schöne Party,...

...Darling, oh, die war bon."

Ein paar Photos von demherrmoeller seinen Geburtstag am Samstag findet ihr hier. Den Zugangscode gibt es auf Nachfrage.

Tapfer bleiben,
derherrmoeller

Montag, 29. November 2004

Playboy

Hier mal ein nicht ganz so guter Artikel ueber Wien:
http://www.playboy.de/PP3G/pp3g.htm?snr=2101.

Freitag, 26. November 2004

Photos

Fuer alle, die es interessiert, habe ich einmal versucht, ein paar Photos aus ein paar Staedten, in denen ich kuerzlich war, hochzuladen.

Es gibt Bruessel,
Warschau
und ein paar wenige Bilder der neuen Wohnung in
Wien.

Der Zugangscode ist jeweils 1234567890 und wenn es auf Interesse stoesst kann ich ja in Zukunft noch ein paar weitere Bilder hochladen.

Tapfer bleiben,
derherrmoeller

Freitag, 19. November 2004

"hipper Online-Reiseführer mit Gewinnspiel"

Heute habe ich im Newsletter von Air Berlin einen Hinweis auf den angeblich hippen online Reisefuehrer wienlog.de gefunden, eine Art online Tagebuch von zwei deutschen Studenten in Wien. Wie hip das nun wirklich ist, moege jeder fuer sich entscheiden, aber es gibt ein Gewinnspiel, vielleicht gewinnt ja jemand einen Flug nach Wien. Gefragt wird nach dem buergerlichen Namen von Falco, einfach also (siehe Vienna Calling 2/2003).

Baba,
derherrmoeller

Donnerstag, 4. November 2004

Vienna Calling 8/2004

Vienna Calling 8/2004

… aus der Stadt, in der man Steuern auf Mietverträge bezahlen muss. Dafür habe ich es aber endlich geschafft, aus meiner ausklappbaren Wohnung in eine deutlich angenehmere im 2. Bezirk zu ziehen.

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„Mein Herz,
Auf einem Parkettfussboden in Wien,
In Wien,
Mein Verstand,
Verloren zwischen 1. Stock und Mezzanin,
In Wien,
Meine Träume,
Fliegen durch vier Meter hohe Altbauräume,
In Wien…“

(Die Falschen Freunde: „Wien“)
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Der 2. Bezirk (oder auch Leopoldstadt) liegt auf der anderen Seite des Donaukanals in der Nähe des Praters und ist – finde ich – ziemlich schön. Der Hauptteil der noch in Wien verbliebenen jüdischen Gemeinde wohnt dort (was man vor allem an der gut bewachten und mit Stahltoren und Stacheldraht gesicherten Schule erkennt), es gibt nette Cafes und Restaurants, 100 Meter Schwarzafrika an der Taborstrasse, den Augarten und den Karmelitermarkt.

Die Wohnung selbst hat ein großes Schlafzimmer und eine große Wohnküche und einen Blick auf Bäume auf dem Hinterhof. Wohnte ich nach vorne raus hätte ich einen Blick aufs Bordell, aber obwohl der Lude (der ziemlich aufdringlich nach Karl Lagerfeld Eau de Toilette riecht) ganz nett zu sein scheint und sogar sein Auto für meinen Umzugsmöbelwagen wegfuhr, sind mir Bäume dann doch lieber als Luden.

Den Fahrstuhl im neuen Haus kann man nur mit einem Schlüssel bedienen, was wir als Anzeichen für die latente Wiener Xenophobie gedeutet haben, die anscheinend schon beginnt bei Leuten, die nicht im selben Haus wohnen.

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„Meine kleine Welt wirkt so groß durch den Blick meiner Doppelflügeltür in Wien,
In Wien.
Frau Magister und Herr Diplom-Ingenieur, küss die Hand und grüß Gott,
Das werde ich tun sollte ich ihn sehen in Wien,
In Wien.“

(Die Falschen Freunde: „Wien“)
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Meine neue Adresse findet ihr am Ende der Mail. Auch meine Festnetztelefonnummer hat sich geändert, wird aber eh erst nächste Woche frei geschaltet. Fernsehen kommt dann übernächste Woche, Internet noch eine später und meine Stehlampe in sechs Wochen. Aber ans Warten gewöhnt man sich, in Wien.

Mobilnummer und e-Mail sind geblieben und über Besuch und Post freue ich mich auch weiterhin.

Bis demnächst, viele Grüße, küss die Hand und Baba,
derherrmoeller

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Kann man ein Land ernst nehmen, das aussieht wie ein Schnitzel?
-Wienerische Schmankerl-

retournieren - zurückgeben
ansuchen - beantragen
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Samstag, 25. September 2004

Vienna Calling 7/2004

Vienna Calling 07/2004...

… aus der Stadt, in der es bei IKEA keine Hotdogs gibt!
!!
!!!
Insgesamt ist die Hot Dog-Situation in dieser Stadt aber eh nicht zufrieden stellend, doch dazu ein anderes Mal mehr. Auch ansonsten hat Wien nämlich doch immer noch einige Überraschungen zu bieten. Und ich meine jetzt nicht, dass die Bewohner arrogant, meist relativ unfreundlich und ein wenig weinerlich sind, sondern darüber hinaus einen unangenehmen Hang zum Obrigkeitsstaat.

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Wien ist eine schöne Stadt, das weiß alle Welt,
aber wissen Sie, was mir ganz besonders g'fällt?
Weder der Stephansdom, noch der Johann Strauß,
nicht ein Wiener Gspusi, schon gar nicht die Musi,
nein, was ich am liebsten hab, ich sag's grad heraus:
Die Messer, die Messer, die G'schäften san ganz voll damit.
In jeder Zahl, aus Edelstahl und aus der Monarchie.
Zum Schnitzen, zum Schlitzen, wohin man schaut, auf Schritt und Tritt,
fürn Pudel, fürn Strudel und für die Chirurgie.
Wer Wien liebt - und das tun ja heut die meisten Leut -,
der denkt bei so viel Messer gleich an diese Möglichkeit.
(Georg Kreisler „Wien ohne Wiener")
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So kam letzte Woche beispielsweise mein Hausbesorger mit einer Liste der Hausverwaltung vorbei, auf der die Namen aller Hausbewohner standen. Man solle nun neben seinem Namen unterschreiben und die Verwaltung Wohnungen würde diese Liste dann an den Magistrat der Stadt Wien, also die hiesige Version des Einwohnermeldeamtes, weitergeben, damit diese die Daten abgleichen und sehen können, ob auch alle Bewohner ordnungsgemäß gemeldet sind. Es muss ja alles seine Ordnung haben…
Ein anderes bemerkenswertes Erlebnis hatte mein französischer Kollege, der sich keine DVD leihen durfte, weil der Videothekar (Oder heißen die jetzt Devaudethekar?) keinen Mitgliedsausweis ohne polizeiliche Meldebescheinigung ausstellen mochte. Auch der französische Pass überzeugte den guten Mann nicht. Eine Meldebestätigung für einen Videothekenausweis? Aha.
Von mir wollte übrigens bis jetzt noch niemand einen Meldezettel sehen. Vielleicht denken die hier ja noch, dass Deutschland noch dazu gehört. Würde mich jedenfalls nicht wundern.

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Wie schön wäre Wien ohne Wiener, so schön wie a schlafende Frau.
Der Stadtpark wär sicher viel grüner und die Donau wär endlich so blau.
Wie schön wäre Wien ohne Wiener, ein Gewinn für den Fremdenverkehr.
Die Autos ständen stumm, des Riesenrad fallet um,
und die lauschigen Gasserln wären leer.
In Grinzing endlich Ruh und 's Burgtheater zu.
Es wär herrlich, wie schön Wien dann wär.
Keine Baustellen, keine Schrammeln und im Fernsehen kein Programm.
Nur die Vogerln und die Pferderln und die Hunderln und die Bam.
Und wer durch dies Paradies muß, findet später als Legat,
statt des Antisemitismus nur ein Antiquariat.
Weder Krankheit noch Genesung, weder Fürst noch Parlament,
wär für Wien nicht diese Lösung das perfekte Happyend?
(Georg Kreisler „Wien ohne Wiener)
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Ich weiß auch nicht, wieso Leute gerne in dieser Stadt leben. Ich jedenfalls habe meinen Vertrag noch einmal bis November nächstes Jahr verlängert und suche mir jetzt eine ernstzunehmende Wohnung. Aber vorher mache ich Urlaub.
Bis demnächst, viele Grüße, küss die Hand und Baba,
derherrmoeller

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Kann man ein Land ernst nehmen, das aussieht wie ein Schnitzel?
-Wienerische Schmankerl-

Viel Möbel um wenig Geld. – Werbung eines Möbelhauses
Hausbesorger – Hausmeister
Bam (auch: Bim) – Straßenbahn
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Mittwoch, 18. August 2004

Vienna Caling 6/2004

Vienna Calling

… aus der Stadt, in der vor zwei Wochen die Schwarzenegger-Briefmarke vorgestellt wurde. Bestellen kann man sie hier: http://www.post.at/content/philatelie/philatelie.html.

Wenn jemand Wert auf einen österreichischen Poststempel legt, kann er mir ja bescheid sagen. Die Marke wurde übrigens am 30. Juli vorgestellt, wie wir ja alle wissen also an Arnies Geburtstag. 57 ist er dieses Jahr geworden.

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„Hasta la vista, Baby.“
(Arnold Schwarzenegger, Terminator II, USA 1991, R: James Cameron)
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Nach einer mehr oder weniger erholsamen, aber insgesamt sehr schönen, Woche an der Ostsee hat mich die ungarische Tiefebene wieder. Und somit statt vernünftigem Strand und echten Meer wieder das Büro und nach Feierabend kleine Seen oder gekachelte Schwimmbecken. Inklusive – wenn wieder mal jemand vom Beckenrand springt, ungeduscht ins Wasser möchte oder bei tausend anderen Regelverletzungen – penetrant trillerpfeifende Bademeister. Aber anscheinend kann man nicht alles haben.

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“[...] Ihm zu Ehren wurde 1997 in seiner Heimat das neu renovierte Grazer Stadion "Liebenau" in "Arnold-Schwarzenegger-Stadion" umbenannt.
Politisch trat der gemäßigte Republikaner lange Zeit wenig hervor (abgesehen von seiner Tätigkeit als Berater für das Amerikanische Sportwesen). Am 7. Oktober 2003 gewann Arnold Schwarzenegger (von vielen liebevoll "Gouvernator" genannt) die Gouverneurswahl und am 17. November 2003 wurde er vor 7500 geladenen Gästen als 38. Gouverneur des US-Bundesstaates Kalifornien vereidigt.”
(www.post.at)
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Am Sonntag habe ich dann einen Kulturteil eingelegt und einen Stadtrundgang zum Thema "Geschichte der Prostitution in Wien" gemacht. Die Veranstaltung habe beim mittäglichen Frühstück in der hiesigen Veranstaltungszeitung gefunden und sie war nicht so spannend, wie ich es mir als passionierter John Irving-Leser vorgestellt habe. Aber dafür weiß ich jetzt, dass "auf dem Strich gehen" von einem Strich kommt, den Maria Theresia dereinst auf dem Pflaster des Graben hat ziehen lassen.

Und denkt daran: Wien is just a four-letter word.

Hasta la vista, Baba,
derherrmoeller

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Kann man ein Land ernst nehmen, das aussieht wie ein Schnitzel?
-Wienerische Schmankerl-

Kästchen – kleiner Schrank, bspw. im Schwimmbad
Strandbad – Freibad am Fluss oder See (allerdings ohne ernstzunehmenden Strand)
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Montag, 12. Juli 2004

Vienna Calling 5/2004

Vienna Calling 05/2004

… aus der Stadt, in der man noch weiß, wie man ein Staatsoberhaupt angemessen zu Grabe trägt. Und sich dabei eigentlich nur selbst feiert, wie mancher Kritiker meint.

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„Der Präsident ist tot.“
(Extrabreit „Der Präsident ist tot“)
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Am Samstag jedenfalls, der Himmel über Wien hatte ein äußerst passendes grau angelegt und ließ es von Zeit zu mal regnen, um ja keine fröhliche Stimmung aufkommen zu lassen, wurde der Leichnam von Präsident Klestil (oder vielmehr Ex-Präsident, denn zum einen war er ja nun tot, zum anderen wäre er, hätte er noch drei Tage länger gelebt, am Samstag schon längst in seinem verdienten Ruhestand gewesen, siehe Vienna Calling 03/2004) nach einer Trauerfeier im Stephansdom auf dem Zentralfriedhof beerdigt.

Neben Arnold Schwarzenegger waren noch jede Menge andere wichtige Menschen dort versammelt, um die letzte Ehre zu erweisen. Die normalen Gäste jedoch konnten vor lauter Bodyguards nichts sehen und kletterten deswegen auf umliegende Grabplatten und -steine, um wenigstens einen kurzen Blick auf die Beisetzung und Ehrengarde zu erhaschen. Und kamen wohl auf ihre Kosten, denn das Begräbnis hatte alles, was „eine schöne Leich“ so braucht, bis hin zur Marschmusik.

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„In Österreich ist nun einmal die Grenze zwischen Opernball und Staatsbegräbnis fließend.“
Erhard Busek (aus Süddeutsche Zeitung, 12.07.2004)
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Ansonsten habe ich –nachdem ich das in sieben Jahren in Kiel nicht hinbekommen habe- angefangen, mit einem Kollegen aus Celle angefangen auf der Alten Donau Segeln zu lernen. Unser Segellehrer hat auch einfach nur verständnislos den Kopf geschüttelt als er gehört hat, wo wir herkommen. Die Alte Donau jedenfalls ist schätzungsweise 700 Meter breit und hat auch sonst überhaupt nichts, was an die Kieler Förde oder gar die Ostsee, ja noch nicht einmal die Alster erinnern würde. Aber irgendwo muss man ja anfangen.

Und aller Anfang ist ja bekanntlich schwer, vor allem da es hier sonntags mit schöner Regelmäßigkeit gewittert und/oder hagelt (Sic! Dieses Jahr muss man auf den Wiener Sommer ganz bestimmt nicht neidisch sein.) und so unsere zaghaften Versuche des Öfteren buchstäblich ins Wasser fallen. Zum Glück sind w i r dies noch nicht, aber das kann ja noch werden, fürchte ich.

Bis demnächst, viele Grüße, küss die Hand und Baba,
derherrmoeller

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Kann man ein Land ernst nehmen, das aussieht wie ein Schnitzel?
-Wienerische Schmankerl-

das Wasser zustellen - das Wasser aufsetzen
da - hier

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Mittwoch, 5. Mai 2004

Vienna Calling 4/2004

Vienna Calling 04/2004

… aus der Stadt, in der ich am Samstag von einem slowakischen Schweineschlachter ein Kompliment für meinen Pullover bekommen habe. 1.200 Schweine schlachtet der in einer Nacht, sagt er. Und bekäme dafür 2.500 Euro im Monat.

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„Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen?
Haben Sie das schon erlebt?
Man sieht zwar nicht wie die Bäume blühen,
welche besonders beliebt.
Hoffen sie nicht auf den Walzerklang
Oder auf Herzchen aus Gold,
Man hat sich davon schon Gott sei Dank einigermaßen erholt.“

(Rainhard Fendrich „Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen?“)
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Am 1. Mai war ein historischen Datum, zumal in Wien, zumal für eine internationale Organisation: Mein Vertrag wurde verlängert. Dieses Mal gleich satte sechs Monate, also bis Ende Oktober. Was dann kommt – man wird sehen. Meine zweite Karriere als Fußballer in Japan muss jedoch also mindestens bis nächste Saison warten.

Nebenbei ist der 1. Mai natürlich auch der Tag der EU-Osterweiterung gewesen, und Wien liegt wieder einmal so sehr in der „Mitte“ wie seit k.u.k.-Zeiten nicht mehr. Was auch heißt, dass die Wiener sich keine Gedanken mehr darüber machen müssen, ob sie das östlichste Ende Westeuropas oder das westlichste Ende Osteuropas sind. Zwar beginnt der Balkan immer noch kurz hinterm Südbahnhof (oder am Rennweg, da streiten sich die Gelehrten), aber seit vorgestern hat man eben eine gemeinsame Außengrenze. Was natürlich nicht heißt, dass Grenzkontrollen abgebaut wurden, bis Schengen ist noch ein weiter Weg. Und wie bereits ein paar Mal erwähnt, sieht es in vielen der „neuen“ Nachbarländer eh heute schon besser aus als in manchen Gegenden in Wien oder Hamburg. Für den Beginn des Balkans am Südbahnhof stellt sich somit immer mehr die Frage, woher man eigentlich guckt.

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„Gut sie waren in Übersee,
In New York und L.A.,
In Rio De Janeiro wurden sie auch nicht froh.
Sie kennen Tel Aviv besonders intensiv,
Träumen von Paris,
Von Moskau träumt man ohnedies.
Doch haben sie Wien schon bei Nacht erlebt?“

(Rainhard Fendrich „Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen?“)
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Die Aufnahme der zehn „neuen Nachbarn“ wurde natürlich auch in Wien gefeiert, mit einem großen Stadtfest und allerlei Aktivitäten. Unter anderem waren Zugfahrten in benachbarte Städte von Wien aus das ganze Wochenende kostenlos und so machten wir uns auf, um in Bratislava den neuen Nachbarn „Hallo“ zu sagen. Die nagelneue EU-Flagge wehte blau vor Burg und Parlament, am Donauufer spielte eine Punkband, die man bis auf den Burghügel hörte und in der ganzen Altstadt liefen Menschen mit EU-Luftballons durch die Gegend und tranken billiges slowakisches Bier.

Die Züge zwischen Wien und Bratislava waren natürlich hoffnungslos überfüllt (Wenn es schonmal was umsonst gibt…) und dort kam es dann auch zu der Begegnung mit dem slowakischen Schweineschlachter, der sturzbetrunken zu seiner Nachtschicht im Wiener Schlachthof unterwegs war. Neben meiner rumänischen Begleitung saßen da auch noch ein dicker Amerikaner aus Ohio und ein Haufen Österreicher, alles in allem also ein illustrer Haufen. Wobei unser neuer Schweineschlachternachbar allerdings mit Abstand die schillerndste Gestalt war.
Sichtlich unwohl fühlte sich dann der Gast aus Übersee allerdings, als der Metzger ihm auf die Frage, ob er eine Freundin oder Frau habe, die Hand aufs Bein legte und sagte, er stünde eher auf amerikanische Studenten aus Ohio. Auch eine Form von interkultureller Kommunikation.

Bis demnächst, viele Grüße, küss die Hand und Baba,
derherrmoeller

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Kann man ein Land ernst nehmen, das aussieht wie ein Schnitzel?
-Wienerische Schmankerl-

„In Kurz wird hier neue Eröffnung vom Internetcafe und Billigtelefonieren an die ganze Welt eröffnet.“

(Zettel im Fenster der ehemaligen Boutique/ehemaliger Laden mit Silberschmuck/ehemaliger Kinderschuhladen neben meiner Wohnung.)

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Montag, 5. April 2004

Vienna Calling 3/2004

Vienna Calling 03/2004

… am zehnten Todestag von Kurt Cobain aus der Stadt, in deren 16. Bezirk, in Ottakring nämlich, das bekannte Ottakringer Bier gebraut wird. Soviel also zur Auflösung des Sechzehnerblech-Rätsels aus der letzten Vienna Calling. Am schnellsten geantwortet hat übrigens die Leserin, die wohl am weitesten weg wohnt. Und es ist -nebenbei bemerkt- ganz schön teuer, so eine blöde Bierdose per Luftpost nach New York zu schicken. Aber damit rechnet ja keiner… Die zweite Antwort kam dann prompt von ihrem Bruder, was allerdings keine Aussage über den Bierkonsum in der Familie zulässt, wie ich finde, sondern allerhöchstens über die Verbundenheit mit Wien. Die vierte Antwort kam von ihrem Vater.

Bei Google gibt es drei Treffer für „Sechzehnerblech“. Und was für welche:

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"[…] doch was sie zu sagen hatten, hatte Gewicht. Und das jetzt nicht unbedingt deswegen, weil ihr schwerster Körperteil die Zunge war. "Heast loß eam in Ruah, in Bladn", herrschte zum Beispiel der leicht Aufgedunsene in der angerotzten Schnürlsamthose die Kassaschnitte an, "waun eich dea net so vü von dem Sechzehnerblech okaufn tatat, miassat da Wenckheim a Joint Venture mitn Trodat eigeh. Wengan stempin geh."
Worauf diese leicht verwirrt in die Runde blickte: "Was bitte ist ein Sechzehnerblech?" Keine Ahnung von Warenkunde, was ich immer sag. "Ein Sechzehnerblech, liebe Frau Supermarktfachfrau", klärte ich sie und wahrscheinlich auch die Filialchefin und etliche andere ratlos Dreinblickende auf, "ein Sechzehnerblech ist eine Ottakringer Bierdose, kloa? Blech wegen der Dosn, und sechzehn, weil die Ottakringer Brauerei im sechzehnten Bezirk, also in Ottakring, steht. Sunst warats a normales Aluweckerl. Comprende? […]"

(aus „Übern Koholek“, )
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Diesen Monat wählen die Österreicher einen neuen Präsidenten. Bzw. eine Präsidentin, denn auch die polyglotte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner stellt sich zur Wahl. Und macht Werbung damit, dass sie mit 101 Staatschefs in deren jeweiliger Landessprache parlieren kann. Woraufhin D., der sich wohl immer noch nicht von Wien trennen kann, etwas verwundert sagte: „Mit dieser Werbung soll sie Dolmetscherin werden.“

Trotz allem sich immer noch nicht von Wien trennen kann anscheinend auch ich mich nicht, denn mein Vertrag wurde erst einmal wieder bis Ende April verlängert. 2004. Was natürlich eine unglaubliche Planungssicherheit gibt, aber nun gut, man gewöhnt sich an alles…

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And I forget just why I taste
Oh yeah, I guess it makes me smile
I found it hard, it was hard to find
Oh well, whatever, nevermind

(Nirvana, “Nevermind”)
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Ich wünsche euch allen noch eine schöne kurze Woche und frohe Ostern!

Bis demnächst, viele Grüße, küss die Hand und Baba,
derherrmoeller

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Kann man ein Land ernst nehmen, das aussieht wie ein Schnitzel?
-Wienerische Schmankerl-

„Soll ich den Kaffee (Betonung auf der 2. Silbe) für den Filter reiben?“ –

„Den Kaffee (Betonung auf der 1. Silbe) mahlen?“

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Montag, 15. März 2004

Vienna Calling 2/2004

Vienna Calling 02/2004

…aus der Stadt, in der man die Diplomaten in der U-Bahn an braunen Packpapiertüten erkennt. Die gibt es nämlich in dem Supermarkt, der sich in den Kellern der UN-City versteckt und von dem selbst die Veranstalter denken, dass er etwas schwer vermittelbar ist, sodass man darin nicht fotografieren darf. Einkaufen macht aber natürlich trotzdem Spaß.

Letzte Woche habe ich einen neuen Kollegen bekommen. Einen Franzosen, der doppelt so viele Sprachen spricht wie ich, auch einen Uni-Abschluss hat und dabei 5 Jahre jünger ist. Ich meine, das Studium war eine schöne Zeit, aber vielleicht hätte man sich das mit den 14 Semestern einmal überlegen sollen… Auf der anderen Seite: Ach was!

Daneben haben wir auch einen neuen Chef bekommen, einen lustigen Ungarn, der glaube ich ganz nett ist. Die Zeit der stundenlangen Mittagspausen hat jedenfalls damit erstmal ein Ende gefunden.

Ansonsten wird es hier langsam Frühling, das macht Wien ein ganzes Ende erträglicher als der Schneematsch. Und wenn man abends durch irgendwelche Gassen mit fast schon lächerlich-märchenhaften Namen (Schönlaterngasse) geht, durch noch nicht einmal Autos passen und in der Ferne das Hufgetrappel der Fiaker hört, kann einen das schon mit der Stadt versöhnen. Zwar alles nicht aus diesem Jahrhundert, aber gut, wer würde denn auch behaupten, dass die Wiener unbedingt der Schrittmacher für den Puls der Zeit sind?

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"The feeling has gone only you and I.It means nothing to me.This means nothing to me.Oh Vienna.“
(Ultravox „Vienna“)
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Wie immer weiß ich auch dieses Mal zwei Wochen vor Vertragsende noch nicht, ob ich noch ein wenig in Wien bleibe oder mir woanders einen Broterwerb suchen muss, aber das wird sich hoffentlich in den nächsten Tagen herausstellen.

Sollte mein Vertrag hier nicht verlängert werden mache ich es im Zweifel wie ein Freund vorschlug: Ich geh noch zwei, drei Spielzeiten nach Japan und eröffne dann zu Hause in Deutschland eine Fußballschule.

Bis demnächst, viele Grüße, küss die Hand und Baba,
derherrmoeller
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Kann man ein Land ernst nehmen, das aussieht wie ein Schnitzel?
-Wienerische Schmankerl-

„A Eitrige, a Bugel und a Sechzehnerblech.“ –
Bestellung am Würstelstand für eine Käsekrainer (Würstchen mit Käse gefüllt), eine Scheibe Brot (eigentlich das Endstück) und eine Dose Bier.

Und der erste der mir sagt, um welches Bier es geht und wieso es so genannt wird, bekommt eine Dose zugeschickt.
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Donnerstag, 22. Januar 2004

Vienna Calling 1/2004

Vienna Calling 01/2004

...aus der Stadt, die zwar mit Schneegestöber, Kälte und anderen Unannehmlichkeiten (Wienern zum Beispiel) versucht, sich in einem möglichst schlechten Licht darzustellen, aber aus der ich anscheinend nicht einfach so wegkomme. Jedenfalls wurde mein Vertrag bei der weltweit kleinsten internationalen Organisation hier noch einmal bis Ende März 2004 verlängert, sodass ich noch eine Zeit lang in meiner sehr praktischen, braunen und überwiegend ausklappbaren Wohnung bleiben werde.

Das mit der weltweit kleinsten internationalen Organisation war so eine fixe Idee von D., der irgendwann einmal recherchiert hat, dass sogar beispielsweise die UN Working Group on the Use of Diplomatic Motor Vehicles, Parking ans Related Matters, das Scientific and Technical Committee on the International Decade for Natural Disaster Reduction oder die UN ECE-Specialized Section on the Standardization of Potatoes mehr Mitarbeiter haben als unser Büro. Unter Beweis gestellt werden konnte das bei der Verabschiedung von D. kurz vor Weihnachten als wir ihn zum Auto brachten und das ganze Büro in einen einzigen Fahrstuhl passte. Eine Verabschiedung übrigens, die bei Kollegen anderer Institutionen hier ein wenig Unverständnis hervorrief; die scheinen weniger Glück mit ihren Vorgesetzten gehabt zu haben.

Nachdem D.s zweite –und laut Mandat damit letzte- Amtszeit nun im Dezember endete warten wir jetzt immer noch auf die Ernennung eines neuen Representative. Aber in einer Organisation, in der alle 55 Staaten (einschließlich Schurkistan und Weitwegistan, für deren Oligarchen Medienfreiheit und Menschenrechte eher wie ein juckender Ausschlag klingen) einstimmig entscheiden müssen und auch ganz gerne mal ihr eigenes Budget nicht vor April des laufenden Jahres verabschiedet, kann das wohl noch ein wenig dauern, sodass wir uns auf eine längere Zeit ohne „echten“ Chef einstellen. Klingt toller als es ist… jedenfalls nicht damit zu vergleichen, als Vierzehnjähriger sturmfreie Bude zu haben oder so…

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"Alle Teuferl weiße Gewandl,
weiß wie Schnee
Ganz Wien...“
(Falco)
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Ein Angebot der Telekom Austria über die kostenlose Einrichtung von ISDN-Anschlüssen nutzend habe ich jetzt sogar ein echtes Telefon in meiner Wohnung, allerdings erst zu spät festgestellt, dass es in erreichbarer Nähe der Telefondose keine einzige Steckdose gibt. Doch nicht so praktisch, die Wohnung. Aber ich denke, das wird auch lösbar sein, ich mach mich mal am Sicherungskasten zu schaffen – „Das rote Kabel? Oder das blaue…?“

Sollte ich also den richtigen Draht erwischen melde ich mich bald wieder, bis dahin wuensche ich euch etwas verspätet ein frohes neues Jahr und alles Gute für 2004.

Bis demnächst, viele Grüße, küss die Hand und Baba,
derherrmoeller

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Kann man ein Land ernst nehmen, das aussieht wie ein Schnitzel?
-Wienerische Schmankerl-

„Am Kinodienstag geht sich um dasselbe Geld auch noch ein (sic!) Cola und Popcorn aus.“
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