Donnerstag, 15. September 2005

Sweet Home Schmöckwitz

Back Home in Schmöckwitz. Ausschlafen. (Auch auf die Gefahr hin, dass mich jetzt einige steinigen: Erstaunlich wie lang so ein Tag sein kann, wenn man schon vor sechs aufsteht...).

Wie auch immer: Mehr oder weniger ausgeschlafen frühstücken und dann wieder Seminar. Konzentration? Ich? Kein Stück. Die anderen? Nö. Die Trainer? Eher wenig. Trotzdem nett. Ein Gefühl von Sunwave Seignosse 1992. Klassenfahrt eben.

Am Nachmittag die grandiose Idee von A. unseren Trainern ein T-Shirt zu schenken mit der Aufschrift: „All my Friends have been taken Hostage in Hammelburg and all I got was this lousy T-Shirt.“ Also Räder geliehen, natürlich in Schmöckwitz keinen Copyshp gefunden. Stattdessen leckeres Eis gegessen, mehr oder minder geistreiche Unterhaltungen geführt, verfahren, doch wieder in Schmöckwitz aufgeschlagen und alle zusammen königlich gefeiert.

An dieser Stelle nochmal Respekt! für die Tanzeinlage, König Kurt, und viel Erfolg nicht nur in MV sondern auch überall sonst. Und natürlich Danke! Nana, Markus, Vroni und Boje! Viel Erfolg bei der Schatzsuche, J.; mach dass Du gut wegkommst aus UK, K.; das Beste für den Nachwuchs, Kreso! Komm heil aus KMNB zurück, K.; Gruss an die Förde L.; zum Oktoberfest, I.; und nach Halle, J. Rock Moldawien, C.; alles Gute mit Lush und für die Hochzeit, O.

Vielleicht sehen wir uns mal in Berlin oder bei Bucerius, A.; H. lass Dich nicht von den Diplomaten ärgern in Nairobi; S. viel Erfolg bei CBM, ob in Afrika oder Asien; ABM, ich hoffe wir sehen uns nochmal irgendwo. Und der Mayor macht Jamaica und die Schwampel eh alleine klar.

Und alles Gute in Eritrea, M. Das war in der Tat ein gelungener Abschluss!

Mittwoch, 14. September 2005

Exit, Exit, Exit

Morgens das Übliche: In stockfinsterer Nacht aufstehen (kurz an einen Adventskranz denken – was macht ihr eigentlich Sylvester?), erstaunlich gutes Frühstück und um nullsiebenhundertundsoweiter im Seminarraum auf – das ist jetzt neu - die anstehende Geiselnahme vorbereitet werden.


(Irgendjemand hat auch noch geträumt, dass von den Jungs, die uns gegen kurz nach vier mit ihren „Links-Zwo-Drei-Vier“-Gesängen geweckt haben, der letzte in der Reihe eine gelbe Rundumleuchte auf dem Stahlhelm hatte. Aber so etwas gibt es wohl nicht einmal bei der Bundeswehr... Oder?)

Also, raus aus der BW-Bettwäsche, rein in den Hörsaal, weiter in den Mercedes Sprinter und direkt mit dem Gesicht in den Matsch. Um sich die Augen verbinden und die Hände fesseln zu lassen. Was auch für die nächsten vier Stunden so blieb.

Und hier eröffnet sich dann ein weites Feld von Leibesvisitationen über Warnblinkanlagen bis hin zu albanischer Musik, wunden Knien, bemerkenswert höflichen und fürsorglichen Soldaten, unbequemen Schwimmbrillen, ungewollten Schnappschüssen, entwürdigenden Fragen, schmerzenden Schultern und noch viel schmerzhafteren Dilemmata. Und vielem mehr. Nichts jedenfalls was man in aller Kürze und womöglich noch pointiert erzählen kann, dafür war es für jeden einzelnen auch zu individuell (by the way: A., ich denke auch immernoch drüber nach, war aber schon richtig! ;-)).Und irgendwie haben alle glaube ich noch ein wenig damit zu tun und ich kann jede einzelne Reaktion eigentlich ganz gut nachvollziehen.

Ob das ganze einen Lerneffekt oder Mehrwert hatte weiß ich nicht. Es war jedenfalls eine Erfahrung.

Und so manches davon hat uns auch noch die ganze Rückfahrt in Cruising-Christian's Bus zusätzlich zur Klassenfahrtstimmung ("Das Niveau ist wo es hingehört: ganz unten.") in der letzten Bank begleitet.

Bratwurst, Schmöckwitz, Bier, Bett.

Dienstag, 13. September 2005

And once more again: Be careful!

Aufstehen in finsterer Nacht kennt man jetzt ja schon, Schilder an der Dusche mit männlich/weiblich-Symbolen werden gekonnt umgedreht, der Weg zur „Mensa“ mit schlafwandlerischer Sicherheit gefunden, das Rührei verschmäht, die Tarnklamotten der Mitinsassen gehören sozusagen bereits zur Deko und die Trompete wird wohlwollend zur Kenntnis genommen.

Pünktlich (dachten wir jedenfalls) um halb acht sitzen wir in unserem Bus mit dem Y-Kennzeichen auf dem Weg uns beschießen zu lassen. Der Major meinte allerdings, er würde sich freuen, wenn wir in Zukunft mal wirklich pünktlich wären. Da war es 07:32. Zivilisten eben sind wir.


Irgendwann in diesen drei Tagen lassen wir auch mit Handgranaten nach uns werfen, laufen durch Dörfer mit Kirche und gelber Telephonzelle (aber seit 1938 ohne Einwohner), geraten in verschiedene legale und illegale Checkpoints bzw. Hinterhalte, bieten unsere kroatischen Freunde als Geiseln an (ohne scheiß, das war mit Abstand das härteste, kann man vielleicht so beim Mitlesen nicht nachvollziehen, möchte ich aber auch nie, nie wieder machen), sollen erste Hilfe leisten, die eher in letzte Hilfe ausartet, lernen mehr schlecht als recht mit Kompanten (sic!) umzugehen und bringen überraschenderweise eher wenige der bewundernswert geduldigen Ausbilder an den Rand der Verzweiflung.


Unser Major ist, once more again, sowieso ein Schatz und außergewöhnlich nett und abends gibt’s auch noch gutes Essen und mittelmäßigen Wein auf einer sehr schönen Burg oberhalb von Lager Hammelburg.

Montag, 12. September 2005

Fahnenappell

Ohne scheiß, Aufstehen ist hier um 05:25. Nix für den Möller. Duschen sind zu heiß (für die meisten jedenfalls) aber dann geht’s am Hubschrauberlandeplatz vorbei zur Kantine/Messe/Kasino (oder wie auch immer das bei den Bundis heißt) wo gefrühstückt wird. Etwas gewöhnungsbedürftig zwar, bei der Brötchenausgabe ein paar Dutzend Soldaten in Flecktarnanzug in einer Reihe zu sehen, die alle ihr G36 umgehängt haben, aber das Frühstück ist wirklich gut.


Kurz vor sieben gibt es dann tatsächlich (wie ich es mir am Vorabend im Bus gewünscht habe) beim Fahnenappell eine Trompete, die die gesamte Kaserne beschallt. Dann um „nullsiebenhundertdreissig“ pünktlich im Seminarraum, wo unser eigener Major (anders als ich es mir am Vorabend im Bus gewünscht hätte ohne Säbel an der Seite) uns etwas über Antipersonenminen erzählt. Dann ins Feld selbst Minen entdecken. Klappt kein Stück. Wir wären alle circa sieben Mal in die Luft geflogen und der „Mayor“ hätte uns als erstes auf dem Gewissen gehabt, da er den Draht eben einfach nicht gesehen hat... Dort lernte ich auch, dass etwas, was knallt und blau ist eine „Handgrante, üb“ ist. Später am Abend lernte ich mit der Bockwurstkönigin im OffzHeim (find ich super, diese Abkürzungen) noch einige Dienstgrade und Schulterklappen auswendig sowie die Getränke- und Speisepreise dort zu schätzen. Ersteres fand unser ehemaliger Bundi O. etwas anstrengend, letzteres vor seinem Teller Pommes dann doch eher gut. Müde, fertig, ungeduscht, gesiezt und ausgebuht ist um zweiundzwanzighundert Zapfenstreich.

Sonntag, 11. September 2005

Bammel vor dem Hammel

Jetzt wird’s ernst. Zunächst aber erstmal früh bzw. spät, in jedem Fall aber lustig. Nach einem Nachmittag „Ausgang“ in Berlin mit einem äußerst lustigen Abendessen bei Monsieur Vuong und einem wiederholten Besuch bei „Lush“ mit äußerst netter Begleitung, die sich über den Abend hinweg zusammenfindet, nachdem anfängliche Irritationen mit Bahnlinien aus dem Weg geräumt sind („Sorry, bin in die falsche Richtung gefahren, jetzt grad am Wannsee, aber gleich da...“), lassen wir und rechtzeitig zum Einschluss wieder nach Schmöckwitz bringen, nicht ohne den Taxifahrer von Zeit zu Zeit zu beruhigen, dass hinter der nächsten Ecke dann doch wieder Licht und hinter der übernächsten tatsächlich ein Hotel zu finden ist. Nämlich unsers, wir finden es gemeinschaftlich tatsächlich, bezahlen, gute Nacht.

Nach diesem wirklich sehr schönen Abend mit wirklich sehr lustigen Leuten entern wir den Bus, mein guter Freund Maik fährt zum Glück nicht, sondern Cross-Christian bringt uns sicher nach Weimar und später nach Hammelburg. In Weimar kurzer Stadtrundgang („Meine letzte Pechsträhne war blondgelockt“), deftiges Essen im Schwarzen Bären, wobei O. („Ich zahl auch mehr.“) gleich eine doppelte Portion Thüringer Brat verdrückte, dann A7, überrascht von der deutschen Geographie plötzlich in Hessen, zwischendurch noch die Bockwurstkönigin gekrönt, Abfahrt Hammelburg, Ortsdurchfahrt Lager Hammelburg und am salutierenden Posten vorbei in die Kaserne.


In einer Kaserne war ich als überzeugter Zivilist das letzte Mal mit meinen Eltern in Eggerstedt beim Tag der offenen Tür als ich so ungefähr 10 war. Dementsprechend neu ist das alles für mich. Stuben und Betten werden bezogen, der Spieß ist geduldig mit uns, die Duschen werden gegendermainstreamt, im Offizierskasino noch das ein oder andere Bier und dann das Bett genommen.

Freitag, 9. September 2005

Carl-Christian von Schmöckwitz

Das mit der täglichen Berichterstattung klappt nicht so ganz wie ich mir das vorgestellt habe. In der Tat sind die Tage eher lang und die Pausen kurz. Und während dieser ist der einzige Internetrechner meist belegt, entweder von A. aus Berlin (von dem wir denken, dass er sich bewirbt) oder I. aus Mazedonien (von der wir denken, dass sie Liebeskummer hat). Beide Annahmen beruhen selbstverständlich lediglich auf unbestätigten Gerüchten, wobei wir aber eine der im Kurs „Öffentlichkeitsarbeit“ gelernten Methoden bereits praktisch angewendet haben: Scheue Dich nicht, Deine Kernaussage möglichst oft zu wiederholen. Also werden aus Gerüchten allgemein anerkannte Fakten...

Die Kurse beginnen jedenfalls um acht und enden meist gegen 20 Uhr, danach Abendessen und ein Gutenachtbier. Abgesehen von den Parties schon ein wenig Ferienlageratmosphäre. Die 23 anderen Kursteilnehmer sind ziemlich bunt zusammengewürfelt, aber allesamt ganz nett und mit ziemlich interessanten Hintergründen. Unter anderem den Bürgermeister der norddeutschen Stadt W., genannt „der Mayor“, den kroatischen Polizisten K., der echte Freundschaft daran misst, ob man gemeinsam eine Leiche beseitigen würde, oder die Hamburger Richterin C., die das Schanzenviertel für einen „echt üblen Stadtteil“ hält. Und, um das Bild abzurunden, ein paar Leute, die in Afrika Typhus, Malaria, Raubüberfälle oder sogar Autopannen gut überstanden haben.

Neben einigen Lektionen in interkultureller Kommunikation, erster Hilfe oder der sogenannten zivil-militärischen Kooperation (CIMIC) haben wir uns bisher im brandenburgischen Wald beim Offroad-Training mit Landrovern festgefahren, in Übungs-TV-Interviews die Zukunft ganzer afrikanischer Staaten in Frage gestellt, wurden von Polizisten in gestellte Kneipenschlägereien verwickelt und von maskierten Banditen mit vorgehaltener Kalashnikov aus Autos gezogen. Und im See schwimmen war ich auch schon mal.

Und obwohl ich Rollenspielen bis jetzt eher kritisch gegenüberstand, muss ich sagen, dass diese doch erstaunlich intensiv sind und realistisch sein können. Insofern sehe ich dem Training in Hammelburg ab Sonntag jetzt auch eher mit gemischten Gefühlen entgegen...

Sonntag, 4. September 2005

Der Weg nach Schmöckwitz

Auf vielfachen Wunsch werde ich in den nächsten zwei Wochen mal versuchen, mehr oder weniger regelmäßig von meinem Basic Peacekeeping Training Course in Schmöckwitz und Hammelburg zu berichten.

Heute ging es los nach Schmöckwitz. Die ICE Fahrt aus Dortmund habe ich überwiegend schlafend zur Regeneration von der vorabendlichen Geburtstagsparty verbracht. Nach einem kurzen Stop und Treffpunkt am Bahnhof Zoo und der Feststellung, dass es dort wahrscheinlich gefährlicher ist als in den meisten Feldmissionen („Um ein Eis zu essen langt die Zeit wohl nicht mehr, aber vielleicht kannst Du dich ja um die Ecke noch schnell überfallen und ausrauben lassen...“) wurde dann der Bus nach Schmöckwitz bestiegen.

Das just am Vortag neu eröffnete Stück Autobahn gebührend bewundernd (Wenn es die nicht gegeben hätte, hätte Maik, der Busfahrer, uns allen auch noch die Rentenpolitik erläutert. Dank Autobahn kommen wir nur bis zur Bildungsmisere.) verließen wir Berlin und ließen die Zivilisation hinter uns. Was uns dann allerdings erwartete war doch eher überraschend. Während wir uns am Zoo noch fragten, ob wir wohl Doppel- oder doch eher Sechsbettzimmer bekommen und zum Frühstück Hagebuttentee aus Edelstahlkannen erwartet haben, liegt die Berliner Akademie Schmöckwitz eigentlich recht zauberhaft an einem See mit Bootsanleger. Und wir haben tatsächlich Einzelzimmer, meins sogar mit Blick auf den See, wo ich vor dem Abendessen jetzt noch einmal kurz langzuschlendern gedenke.